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Mein junges idiotisches Herz

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Alles war so gut geplant – das Brötchen um viertel nach zwölf, das durchgeschnittene Telefonkabel, das rote Kleid. Frau SchlĂŒter will eigentlich gerade Selbstmord begehen, als der Postbote bei ihr klingelt. Ein Paket will er abgeben, fĂŒr Nachbar Sandmann aus dem Dritten, der gerade nicht da ist. Dabei hatte sie nur noch auf den Fruchtsaft- Lieferanten Miroslav gewartet, weil er der Letzte sein sollte, der letzte Gedanke. Als schließlich auch noch der Abfluss kaputtgeht und Hausmeister Zarter im Blaumann bei ihr aufkreuzt, ist es vorbei mit dem schönen Plan vom Abschiednehmen.

Postbote Ludger Hase hatte sich das auch anders vorgestellt – PĂ€ckchen weg, Feierabend, Skatrunde bei den Kumpeln und irgendwann nach Hause zu Hanna mit den vielen Puzzles an der Wand. Aber erst muss er dieses Paket loswerden, ein BlindgĂ€nger aus Australien, mit KĂ€ngurus drauf. Sandmann, der Absender, ist nicht da, und als er schon fast wieder gehen will, öffnet sich die NachbartĂŒr und da steht sie, mit MĂŒlltĂŒte in der Hand und Stöpseln im Ohr, und Ludgers Herz schlĂ€gt wie ein Stones Konzert. Aber Paula LachmĂ€r, die Frau mit der Stille im Kopf, lebt in einem anderen Film. Ihre Welt ist klein geworden, seit Alfred aus dem SeitenflĂŒgel bei ihr war und sich geholt hat, was er wollte. Ihre Welt ist nur so groß wie der Weg zwischen Gulaschsuppe und MĂŒlltonne. Der Rest ist Schweigen. Denkt sie, hofft sie, bis ihr Miroslav begegnet auf der Treppe zwischen Herd und Hof, mit Zuckerschnecken zum Nachtisch.

Anja Hillings Figuren schweben lebensmĂŒde, schrĂ€g und selbstironisch durch das Leben. Die junge Berliner Autorin zeigt in ihrem StĂŒck Momentaufnahmen des alltĂ€glichen Wahnsinns – traurig, ernĂŒchternd, komisch: eben ganz normal.