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Pfade hinaus

E-book


In dem erstmals 2005 erschienenen Buch gibt Uwe Berger konzentrierte persönliche Erinnerungen wieder. Es sind authentische Erlebnisse, die das Gestern mit dem Heute und das Nahe mit dem Fernen verbinden. Die Gedanken wandern zwischen Literatur und Natur, setzen gegen erdrĂŒckende Diktatur lebendige Toleranz. Episodenhaft angedeutet sind Schicksale und Entwicklungen, und der Weg eines Hugenotten zum WeltbĂŒrger zeichnet sich ab.

INHALT:

Verletzungen

Lennart Meri

Der Dazan

AbschiedlÀchelnd

Die Physiker

Die Proletarischen

La France

Independence Day

Nicht erstarrt

Deutsch-deutsch

Afghanistan und Gorbatschow

In Dresden

Der Selbstmord

Toleranz

Übergang

Dialog der KĂŒnste

Wissen und Vergessen

Die Praxis

Kleine große Welt

AmtsgebÀude

Briefe

LESEPROBE:

Bald nach ihm ergriff Generalmajor Prof. Dr. Rolf Lehmann von der Dresdner MilitĂ€rakademie das Wort. Er erlĂ€uterte die neue MilitĂ€rdoktrin der Warschauer-Pakt-Staaten, die MilitĂ€rdoktrin Gorbatschows, die auf die Ablehnung von Angriffskriegen, umschrieben durch die Formel „den Aggressor auf seinem eigenen Territorium schlagen“, und das Patt der MilitĂ€rsysteme hinauslief.

In einer Pause der Konferenz, die im Plenarsaal des Dresdener Rathauses stattfand, ging ich im GewĂŒhl der Delegierten auf Lehmann zu, der durch seine Uniform auffiel. Ich war entschlossen, ihm eine heikle Frage zu stellen, ohne dabei meine eigene Meinung zu verleugnen. Seine genauen Formulierungen hatten mir gefallen, und ich vermutete, dass er prĂ€zise Offenheit liebte.

„Was denken Sie ĂŒber Afghanistan? Ich komme immer mehr zu der Ansicht, dass das Ganze ein militĂ€rischer und politischer Fehlschlag ist.“

„Sie haben völlig recht“, antwortete er. „Ein strategischer und taktischer Unsinn. Ein solcher Krieg ist nicht zu gewinnen, das wissen wir. Da fahren die sowjetischen Panzer in die Hochgebirgsschluchten und werden von oben mit Steinbrocken erledigt. Die Panzerkanonen können wegen ihres geringen Neigungswinkels ĂŒberhaupt nicht eingesetzt werden.“ Wenn er auch ein wenig auswich - eine derart unverblĂŒmte Ablehnung von kompetenter Seite ĂŒberraschte mich.

Es war geplant, dass ich auf der Dresdner Konferenz das Schlusswort sprach. DafĂŒr hatte ich einen Text von fĂŒnf Schreibmaschinenseiten vorbereitet. Rudi Raupach vom ZK der SED, der mich „begleitete“, hatte die Ausarbeitung gelesen und gebilligt. Ich fand es aber unmöglich, nur ein Statement zu verlesen, und ging auf meine Vorredner ein.