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Mahatma Gandhi - Politiker, Pilger und Prophet

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Wer berĂŒhmte Menschen der Weltgeschichte und ihr Handeln verstehen will, der tut gut daran, sich mit deren Biografie zu beschĂ€ftigen. Das gilt auch fĂŒr diesen Mann, dessen Namen noch immer einen fast heiligen Klang hat – Mahatma Ghandi. Aber wie ist der indische FreiheitskĂ€mpfer und WeltverĂ€nderer zu dem Menschen geworden, der er war und der eine völlig neue Sicht auf die politischen Auseinandersetzungen erfand und predigte – den gewaltlosen Kampf, eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit und zunĂ€chst nur schwer zu verstehen. Wo liegen die Wurzeln fĂŒr seine Anschauungen und fĂŒr seine Kraft, fĂŒr diese Ansichten auch energisch einzutreten und viele Millionen Menschen mitzureißen, obwohl Ghandi noch wĂ€hrend seines frĂŒhen England-Aufenthaltes etwas große Schwierigkeiten bereitete:

Das Schreiben ging ihm leicht von der Hand, doch fiel es ihm schwer, vor vielen Menschen zu reden. Wenn er die Augen eines erwartungsvollen Auditoriums auf sich gerichtet sah, war ihm die Zunge wie gelĂ€hmt. Ein anderer musste die Rede fĂŒr ihn verlesen. Doch dann macht der junge Mann eine entscheidende Entdeckung:

Das Buch, welches sein weiteres Leben entscheidend bestimmen sollte, lernte er im zweiten Jahr seines Londoner Aufenthalts kennen. Eines Tages fragten ihn englische Freunde, ob er die Bhagavadgita kenne. Die Bhagavadgita – „Gesang vom Erhabenen“ – ist eine Episode aus dem indischen Heldenepos „Mahabharata“, das zwischen dem fĂŒnften und dem zweiten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung entstand.

Als die Heere der Pandawas und Kaurawas aufeinandertrafen, zögerte der Held der Pandawas, Arjuna, den Kampf gegen seine Verwandten im Heer der Kaurawas aufzunehmen. Sein Wagenlenker gab sich ihm als Gott Krishna zu erkennen und ĂŒberzeugte ihn, dass er ohne RĂŒcksicht auf die Folgen pflichtgemĂ€ĂŸ handeln mĂŒsse. Dieses religionsphilosophische Gedicht in achtzehn GesĂ€ngen gilt als heiliges Buch der Hindus. Gandhi hatte den Vater manchmal daraus rezitieren hören, ohne viel vom Inhalt zu verstehen. Nun las er es in der englischen Übersetzung. Die LektĂŒre elektrisierte ihn geradezu. Das war es, wonach er so lange gesucht hatte – ein ethischer Leitfaden zum Handeln.

Dieses Beispiel möge genĂŒgen, um auf diese Ghandi-Biographie von Sigrid Grabner neugierig zu machen, die besser verstehen lĂ€sst, wie dieser indische FreiheitskĂ€mpfer und WeltverĂ€nderer zu jenem Menschen geworden ist, dessen Namen noch immer eine fast heiligen Klang hat: Mahatma bedeutet ĂŒbrigens „die große Seele“.