Ein Modell fĂźr guten Unterricht Der Autor präsentiert eine Fallstudie aus dem Deutschunterricht, in dem eine Lehrerin versucht, mit den SchĂźlerInnen gemeinsam ein Gedicht als ästhetische Ausdrucksgestalt zu erschlieĂen. Sie stĂśĂt dabei an die Grenze des Unterrichts, weil sie das Ergebnis der Analyse nicht unterrichten kann, sie es vielmehr mit den SchĂźlern noch erarbeiten muss. Die Grenzen des Unterrichts als pädagogischer GroĂform lassen sich mindestens in mehrere Richtungen bestimmen. In dieser Fallstudie geht es um eine positive Grenze. Sie besteht darin, mit Unterricht Ăźber die Form der Unterrichtung hinaus zu kommen. Hier geschieht Er - zieh ung als Hingabe an die Sache und ihre Anforderung, hier wird auf die Ăźblichen didaktischen HinfĂźhrungen und Vereinfachungen verzichtet und stattdessen den mit der Sache aufgeworfenen Methoden ihrer Bearbeitung gefolgt. SchlieĂlich stehen das Verstehen und das persĂśnliche Inbeziehungsetzen zum Inhalt im Vordergrund der Arbeit. Die Konsequenz dieser BemĂźhung besteht darin, dass der Lehrende nicht mehr lehrt, sondern zu - sam men mit den SchĂźlern an der Erkenntnis der Sache interessiert ist. Er leitet allein als Erfahrener den Prozess der Erkenntnisgewinnung an. Genau dies geschieht während der intensiven Auseinan - dersetzung einer achten Klasse mit einem an spruchs - vollen Gedicht Oskar Loerkes "Blauer Abend in Berlin". Die Studie wird zu einem Modellfall fĂźr das, was wir heute formal mit allgemeinen Kriterien zu "gutem Unterricht" diskutieren. Mit ihr lässt sich material guter Unterricht darstellen.