Das erste Mal begegnen sich Robert und Anke an einem heißen Sommertag auf einer berühmten Berliner Baustelle in der Nähe der Kommode, der früheren Königlichen Bibliothek – also von einer Begegnung kann eigentlich noch keine Rede sein: das Mädchen hatte eine Lücke im Bauzaun entdeckt und fotografierte die Fassade des damals noch kriegszerstörten Gebäudes in der Straße Unter den Linden. Dann begab sie sich wieder außerhalb des für Fremde verbotenen Bereichs:
In diesem Moment war Robert angekommen. Er sprang durch die Zaunlücke und blickte dem Mädchen nach. Er sah vom schwachen Luftzug leicht bewegtes blondes Haar, eine schlanke Figur, schlenkernde Arme. Zeit hat sie, das Bauwerk hat sie fotografiert, und nun läuft sie weiter, anderen Sehenswürdigkeiten, anderen Erlebnissen auf der Spur. Die Männer, die sie auf der Baustelle für einen Augenblick gesehen hat, wird sie bald oder schon jetzt vergessen haben: den Langen, der so komisch seinen zerkratzten Schutzhelm vor ihr schwenkte, den Untersetzten, der die Brechstange wie ein Spielzeug in der Hand hielt, und auch den Älteren, der eine schwarze Weste trug an diesem heißen Julitag.
Nicht gesehen hatte sie dagegen Robert, der ihr durch die Zaunlücke nachschaute und wie manchmal dachte, etwas versäumt zu haben. Aber dann entschloss er sich doch, auf die andere Straßenseite zu den beiden Humboldts vor der Universität zu wechseln und sich neben das verwunderte Mädchen auf den Sockel von Alexander zu setzen. Ihren Namen kannte er zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht. Er weiß nur, dass sie vielleicht das schönste Mädchen ist, das ihm je begegnet ist.
Sie verabreden sich für einen Besuch im Café mit den bunten Sonnenschirmen, und Robert, der bisher außer mit Monika wenig Erfahrungen mit Mädchen hat, fühlt sich jetzt in einer verwandelten Welt. Alles scheint sich so zu entwickeln, wie sich das ein junger Mann vorstellt, der das wahrscheinlich schönste Mädchen kennengelernt hat, das ihm je begegnet ist – von dem er kaum etwas weiß und zugleich schon so viel.
Manches aber weiß er eben nicht von Anke, und deshalb passiert noch manches Überraschende, er bekommt zwei Briefe und braucht den Anstoß eines Kollegen und dessen Motorrad als Leihgabe, um zunächst eine große Entfernung zwischen den beiden jungen Leuten zu überwinden. Und es gibt noch eine andere große Entfernung zwischen Robert und Anke und trotzdem auch eine Fortsetzung dieser hübschen, mit lockerer Hand geschrieben Sommergeschichte – eine Jugendliebe zu DDR-Zeiten.