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Kains Erben I

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Jahrhunderte schien hohe Dichtung nicht ohne religiöse Bezüge und Mythen auszukommen. Nach der Aufklärung - in einer Situation "transzendentaler Obdachlosigkeit" - galt es auszuloten, ob es je eine vollkommen säkulare Dichtung geben könne. Vordergründig kein Problem; sieht man näher hin, verstecken sich bis heute religiöse bzw. transzendentale Andeutungen gerade in den ehrgeizigsten poetischen Werken. Offenbar ist es schwer - manche sagen unmöglich - die tiefe christliche, im weiteren Sinn am Transzendenten orientierte Prägung abzustreifen, ohne die Dichtung zu "entzaubern".

Fehlt der Glaube an einen Schöpfergott, tritt der bisherige "imitator dei", der Mensch, als originärer Schöpfer auf. Das ist aus religiöser Sicht des Teufels. Genau dieses Bündnis mit dem Bösen gingen die Poeten ein. Luzifer verschmolz als Lichtbringer mit dem mythischen Feuerbringer Prometheus. Was vorher verwerflich war, wurde nun gefeiert: Sinnlichkeit, Sex, Grenzüberschreitung, Ungehorsam... Rückbesinnung auf die "primitiven" heidnischen, "naturnahen" Ursprünge. Auch mit Konsequenzen für die Sprache: von rationalen Aussagen zu prälogischen, unbewusst produzierten Texten, am besten noch eine Stufe tiefer zur Gebärde, Pantomime, Tanz...

"Kains Erben I" beschäftigt sich mit der Renaissance des Bösen, den Bewegungen zwischen Aufklärern und Gegenaufklärern und den diversen "Befreiungsschlägen" der Literatur von den religiösen Traditionen. Personen u.a.: Kierkegaard, Göring, Hamann, Hegel, Byron, Hofmannsthal, Brummel, Poe, Reich, Marcuse, Artaud, Fichte, Bataille, Ball, Arp, Schwitters, Valéry, Wiener, Barthes.