In wenigen Jahren wird es niemanden geben, der den Nationalsozialismus "ganz" - von 1933 an - bewusst miterlebt hat. Die Geschichtsschreibung hingegen nimmt zu. Ihre Urteile wandeln sich und widersprechen einander, und fast alle versuchen, die Deutung und Bewertung der Zeit an sich zu reiĂen, sie "neu" vorzunehmen - die der Nazis, der Mitläufer, der Gegner. Hartmut von Hentig tut etwas anderes: Aus der FĂźlle des vorhandenen Wissens Ăźber die BrĂźder Claus und Berthold Stauffenberg destilliert er das heraus, was den Nachgeborenen hilft, die Voraussetzungen ihrer Tat zu verstehen. Die Stauffenberg-BrĂźder zeigen nicht nur "Entschlossenheit und Rationalität" gegenĂźber den Ăźbermächtigen "Verhältnissen"; sie vollziehen eine schwierige Abkehr von eigenen, nunmehr missbrauchten Idealen; sie wissen, es genĂźgt nicht, den Tyrannen zu beseitigen, man muss auch fĂźr das aufkommen, was danach geschieht; sie nehmen die Einsamkeit bewusst auf sich. KĂśnnen die Attentäter vom 20. Juli Vorbild sein? Hentig antwortet: Ja, indem sie in schwerster Zeit das getan haben, was man selber gern getan hätte. Es gibt notwendige Taten, die nicht sinnlos werden, indem sie misslingen. Und: Man muss nicht von vornherein das Richtige gewusst und gewollt haben.