Arnulf Rau, ein Protagonist des auf die Emanzipationsbewegung des 19. Jahrhunderts eingehenden Romans, beschreibt das dritte Geschlecht als Frauenexistenzen, welche aus natürlicher Veranlagung oder unter dem Druck der Verhältnisse dazu gelangen, sich nicht mehr als Geschlechtswesen mit engumschriebenen Pflichten und Gerechtsamen, sondern einfach als Mitmenschen zu empfinden. Es hat ja immer zahlreiche Frauen gegeben, die auf die Erfüllung ihrer besonderen weiblichen Bestimmung verzichten mussten und denen dieser Verzicht auch nicht schwer wurde, weil weder das sinnliche Bedürfnis noch der mütterliche Instinkt besonders scharf bei ihnen ausgebildet war. Diese Neutra von Natur mussten sich aber in früheren Zeiten in das Schema des Frauendaseins einfügen, weil Gesetz und Sitte ihnen die Teilnahme an allen für Reservatrecht der Männlichkeit gehaltenen geistigen und physischen Kraftbetätigungen verboten. Sie huschten wie graue Motten unbeachtet durchs Dasein und auf ihrem Grabstein war nur zu lesen, dass sie Tanten gewesen.
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