Der Flaneur gilt auch heute noch als Leser des Urbanen und Kommentator
des großstädtischen Lebens. Bereits in den Schriften von
Walter Benjamin ist der Flaneur jedoch nicht bloß der Zeichenleser,
der die Großstadterfahrung in die Literatur überführt, sondern auch
die Inkarnation des modernen, urbanen Subjekts. In postmodernen
Megacities, Metropolregionen und urbanen Ballungsräumen gewinnt
die Frage nach dem identitätsstiftenden Potential des Raumes
erneut an Gewicht. Dies macht eine Bestandsaufnahme nötig: Welche
Subjektvorstellungen finden in gegenwärtigen Flaneurliteraturen
ihre Darstellung? Die vorliegende Studie zeigt, dass das postmoderne
urbane Subjekt in zeitgenössischen literarischen Flanerien als hybride
Konstruktion inszeniert wird, der nur momentweise nachgespürt
und die nur in der Schrift festgehalten werden kann. Nicht selten steht
dabei ein Spiel mit autofiktionalen Schreibweisen im Zentrum, das
nicht nur die Unmittelbarkeit und Authentizität der urbanen Wahrnehmung
unterstreicht, sondern auch die zentrale Frage aufwirft, die
der Flaneurliteratur seit jeher zugrunde liegt: Wie lässt sich Identität
in Stadträumen erfahren und (be-)schreiben, in denen Flüchtigkeit,
Beschleunigung und Unübersichtlichkeit vorherrschend sind?