Doktor Faustus ist ein außerordentlich komplexer und vielschichtiger Roman, der an das Lese- und Bildungsinteresse nicht geringe Anforderungen stellt. Er vereinigt drei große Bereiche und Gedankenzüge: Er ist ein Künstler- und Musikerroman, der die Künstlerproblematik wie in keinem der früheren Werke Thomas Manns thematisiert und in viele Epochen der Musikgeschichte und Tonkunst hineinleuchtet, und er ist ein Deutschland-Roman, der sich mit der Unheilszeit der Jahre 1933 bis 1945 tiefschürfend auseinandersetzt, nach den Ursachen des moralischen Niedergangs fragt und dabei weit in die deutsche Vergangenheit zurückblickt. Insofern kann man das Buch auch einen religiösen Roman nennen, als darin tiefernste Menschheitsprobleme von Gnade, Schuld und Erlösung zur Sprache kommen. Der fiktionale Lebensweg Adrian Leverkühns ist an das alte Volksbuch vom Doktor Faust und an den Schicksalsweg Friedrich Nietzsches angelehnt und mit dem realen Schicksal Deutschlands durch die Symbolik einer ›teuflischen Infektion‹ verbunden. Die Schauplätze und Erzählzeiten wechseln ständig und immer wieder sind zeitgeschichtliche und historische Aspekte eingefügt. Das Buch ist angefüllt mit offenen oder verborgenen Anspielungen auf Personen und Sachverhalte und enthält eine Vielzahl feinfühliger Seelenanalysen und Selbstbekenntnisse. Thomas Mann hat dem Roman einen hohen Stellenwert in seinem Gesamtwerk zuerkannt und ihn als ›Lebens- und Geheimwerk‹ bezeichnet.