Bei Doktor Heberts im alten Schloß draußen vor dem Tor war Taufe. Gerade nichts Neues in dem kinderreichen Hause, war doch Klein-Kathrinchen, die Heldin des Tages, das siebente Kindchen und die vierte Tochter.
Susanne, die älteste dieses Siebengestirns, hatte mit noch drei Freundinnen Gevatter stehen dürfen bei der kleinen Schwester. Die vier jungen Mädchen waren am Palmsonntag zusammen konfirmiert worden, und Frau Hebert hatte zuerst den glorreichen Gedanken gehabt, ihnen die Ehre der Patenschaft zuteil werden zu lassen.
Suse nahm die Eröffnung aber durchaus nicht mit dem Enthusiasmus auf, den ihre Mutter erwartet hatte.
Die kleine Schwester schien ihr nur eine neue Last zu den vielen, die schon auf ihren jungen Schultern ruhten und die sich, seit sie die Schule verlassen, täglich zu vermehren schienen.
"Suse, hilf mir doch bei meinen Rechenexempeln! – Suse, ich hab'n Loch im Strumpf! – Suse, geh nach der Küche und hilf der Johanna Äpfel schälen!" So suste das vom Morgen bis zum Abend an ihre Ohren. Das Baby zu tragen, schien man ihr noch als eine Bevorzugung anzurechnen, und wenn sie dann Pate war, würde sie es wohl den ganzen Tag tun müssen; denn Henny, das Kindermädchen, hatte mit dem zweijährigen Bubi gerade genug zu tun.
Die vier jungen Mädchen in weißen Kleidern boten einen lieblichen Anblick, als sie um den blumengeschmückten Taufstein standen.
Susi hielt den Täufling im spitzenbesetzten Kleid, das einst ein Ballkleid der Mutter gewesen, als der Segen gesprochen wurde. Eine tiefe Bewegung erfaßte sie in diesem feierlichen Augenblick. Ihr war, als schauten die blauen Augen Klein-Kathrinchens sie vorwurfsvoll an, als fragten sie: "Warum hast du mich nicht lieb? Ich tat dir doch nichts zuleide!"
Heiß wallte es auf in ihrem Herzen. Gewiß, sie wollte es liebhaben, schrecklich lieb, das kleine, süße Geschöpf, sie gelobte es in dieser weihevollen Stunde. Als sie aber später mit den Freundinnen an dem gemütlichen Kaffeetisch saß, da kamen ihr doch schon …