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Burg Eulenried

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Die Glocken des kleinen Kirchleins von Ilmenbach, droben im ThĂŒringer Wald, taten ihre letzten SchlĂ€ge. Man konnte nicht sagen, dass sie »verhallten«, sie riefen um zehn Uhr morgens recht klĂ€glich: »Kommt, kommt!«, und um elfeinhalb ebenso blechern und eilig: »Geht! Geht!«, denn der KĂŒster musste zu seiner Suppe. Die Frau Pfarrerin fand dies Gehaben gottlos. Deshalb bewilligte sie ihrem Gatten eine volle halbe Stunde Frist bis zur Tischzeit. Und die fĂŒllte der Seelsorger gut aus. Er stieg langsam den steilen, steinigen Kirchweg zum Pfarrhaus hinunter, sprach mit den MĂ€nnern, die jeden Sonntag fast vollzĂ€hlig erschienen, erklĂ€rte einigen Frauen, was sie an seiner Predigt nicht verstanden hatten und verwies den »Frömmsten« ihr PharisĂ€ertum. Bei einigen windschiefen HĂ€usern blieb er stehen, nickte oder sprach auch einige gute Worte in die kleinen Fenster hinein, an denen Bresthafte saßen, die mit dem besten Willen nicht mehr den steilen Kirchweg schafften. »Aber die Glocken waren wieder tröstlich«, sagte mit brĂŒchiger Stimme der DorfĂ€lteste. Das war dem Geistlichen gar nicht recht, denn die »Tröstlichkeit« war schuld daran, dass der Patron keine neue Glocke bewilligte.

Die uralte Kalesche des Freiherrn Eulenried fuhr einen Feld- und Wiesenweg in den Wald hinein. Der Patron hatte seinen Pfarrherrn grimmig gegrĂŒĂŸt, denn die Predigt war ihm wieder zu sanft gewesen, weshalb er ihn auch nicht zu Tisch gebeten hatte, denn sie hĂ€tten sich doch nur gezankt. Aber den Organisten nahm er mit in den ungeheuren Wagen, in dem nun sechs Personen saßen. Der Pfarrer hĂ€tte auch noch bequem hineingekonnt, es war ein Wagen, der sich sehen lassen konnte - es war »die Arche«.

»Von Noah selbst erbaut«, pflegte der Freiherr zu sagen. Aber dem widersprach immer heftig, wenn auch vergeblich, ein kleines, dĂŒrres MĂ€nnchen, das auf dem Bock neben dem Kutscher saß. So heftig widersprach er immer seinem Brotherrn, dass das ganze magere Gestellchen ins Wanken kam und beinahe vom Bock fiel. ...