Elegant gekleidet macht sich Lothar Leichtwag auf den Weg zu seiner Bank. Seit er bei Schwarzseher & Lustig seine winzige Erbschaft angelegt hat, ist er sorgenfrei. Bei den BĂśrsenspekulationen sind es erst ein paar Tausender, die er gewinnt, bald eine Viertelmillionen und daraus werden fĂźnf, dann zehn Millionen. Mit VergnĂźgen verlässt Leichtwag seine langweilige Stelle als Rechtsanwalt und seine Freundin Grete gleich mit â das anständige Mädchen will nicht so recht zu seinem neuen Leben passen. Auch heute sind wieder neue Käufe und Verkäufe geplant. Aber dann ist das Bankhaus geschlossen, Lustig hat sich erhängt, Schwarzseher ist mit allem Bargeld und Papieren geflohen. Und Leichtwag? Als ihm in der aufgebrachten Menschenmenge vor der Bank auch noch das Portemonnaie geklaut wird, hat er buchstäblich nichts mehr. Noch nicht einmal Kredit, denn in der Morgenzeitung steht, das auch der bekannte Millionär L. heute sein ganzes VermĂśgen verloren haben dĂźrfte. Von einer Sekunde auf die andere aus der Gesellschaft ausgestoĂen, läuft Leichtwag verzweifelt durch Wien. Wie weit muss er gehen, um an Geld zu kommen? Diebstahl, Zuhälterei, Mord?
Maximilian Hugo Bettauer (1872â1925), geboren in Baden bei Wien, war Schriftsteller, Kabarettist (in MĂźnchen bei den "Elf Scharfrichtern") und Journalist. Er besuchte das Gymnasium zusammen mit Karl Kraus und konvertierte 1890 vom Judentum zum Protestantismus. Nach Arbeitsaufenthalten in ZĂźrich, New York und Berlin kehrte er nach Wien zurĂźck, arbeitete fĂźr die "Neue Freie Presse" und spezialisierte sich auf Romane mit sozial engagierten Themen. Ab 1924 gab er die Zeitschrift "Er und Sie, Wochenschrift fĂźr Lebenskultur und Ethik" heraus, die später unter dem Titel "Bettauers Wochenschrift" fortgefĂźhrt wurde. Das Journal sorgte regelmäĂig fĂźr Aufruhr ob seiner aufklärerischen und oft auch wohl reiĂerischen Inhalte. 1922 erschien "Die Stadt ohne Juden" (1924 verfilmt von H. K. Breslauer mit Hans Moser), 1924 "Die freudlose Gasse" (1925 verfilmt von G. W. Pabst mit Werner KrauĂ und Greta Garbo). 1925 wurde Bettauer, lange schon Zielscheibe antisemitischer Hetze, in seinem BĂźro in der Langen Gasse von einem illegalen NSDAP-Mitglied erschossen.