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Diezmann (1868):
"Alles geben die Götter Ihren Lieblingen,
Alle Freuden, die unendlichen,
Alle Schmerzen, die unendlichen, ganz,
sagt Goethe, der selbst ein Liebling der Götter war, die ihm namentlich die Freuden und Wonnen, wie die Schmerzen und Leiden der Liebe in überreichem Maße boten, denn er liebte zu oft wiederholten Malen, von den ersten Jahren der Jugend bis zu den spätesten des Alters. Auch liebte er stets mit Leidenschaft, wenn auch nicht mit kühner und tapferer, denn er bewahrte sich immer kühle Besinnung und sobald er erkannte, dass die Leidenschaft, der er verfallen war, übermächtig werde, zog er sich zurück und floh. So floh er aus Sesenheim von der reizenden Friederike, aus Wetzlar von Charlotte Buff und aus Frankfurt von der schönen Lili. Vergessen hat er aber keine von denen, die er jemals geliebt, und unsterblich sind sie alle durch ihn geworden. Wem in der Welt wäre Gretchen (im Faust), wem das reizende Idyll in Sesenheim, wem Werthers Lotte, wem wären die zauberischen Liebeslieder an Lili unbekannt? Wenn wir uns nun auch der wunderlichen Meinung nicht anschließen wollen, Goethe sei der größte Dichter der modernen Welt geworden, weil er so viel und so heiß geliebt, so ist es doch Tatsache, dass alle Kräfte des Körpers und des Geistes durch die Liebe gesteigert werden, die der Mensch empfindet, gewiss also auch die Fähigkeit, den mannigfaltigen wechselnden Empfindungen, welche in der Brust eines Liebenden sich regen, in den verschiedensten Formen Ausdruck zu geben. Versuchen wir also den verschiedenen Neigungen unseres großen Dichters nachzugehen und gewissermaßen eine Geschichte seines Herzens zu geben, die ebenso unterhaltend für den gewöhnlichen Leser, als belehrend für denjenigen sein muss, welcher sein Wesen und Sein gründlich kennenlernen will. Wo nur immer möglich, folgen wir des Dichters eigenen Worten."