Ich hatte gerade meinen zweiten Kaffee des Morgens halb ausgetrunken, als Roy mit dem Elan eines Mannes, der zu wenig geschlafen und zu viel Koffein getankt hatte, in unser Büro im Polizeihauptpräsidium stürmte. Es war einer dieser grauen Hamburger Tage, an denen die Wolken so tief hingen, dass man den Michel kaum noch erkennen konnte. Die Möwen kreischten draußen auf dem Vorplatz, als wüssten sie schon, dass es heute wieder nichts Gutes zu berichten geben würde.
„Moin, Uwe. Wir haben einen Toten. Oder besser gesagt: eine Tote. St. Georg, Hansaplatz, Ecke Bremer Reihe.“ Roy ließ sich in seinen Stuhl fallen und rieb sich die Augen. „Die Kollegen von der Streife sind schon vor Ort. Sie wollen uns da sehen.“
Ich stellte meine Tasse ab und griff nach dem Mantel. „Was haben wir?“
„Frau, Anfang dreißig, Aktivistin. Angeblich mit einer ziemlich schrägen Gruppe unterwegs. Die fordern die Abschaffung des Mathematikunterrichts an Schulen. Mathematik sei eine kolonialistische Waffe, oder so. Ich hab’s mir noch nicht ganz gemerkt.“
