Es war ein kleiner Junge von magerem KĂśrperbau, der zurĂźckgelassen und verloren auf dem Bahnsteig stand und von einer Frau in Wehrmachtsuniform aufgelesen wurde. "Junge, hier in der Kälte kannst du nicht bleiben", sagte die Frau, hob ihn auf und trug ihn in einen kleinen Raum, der beheizt war. "Auf wen wartest du?", fragte sie. "Auf meine Eltern, sie sind ohne mich mit dem Zug abgefahren", sagte der Junge. "Wie heiĂt du denn?", fragte sie. "Ich heiĂe David." Die Frau in Uniform: "Und woher kommst du?" Junge: "Wir sind auf dem Lkw aus dem Dorf in die Stadt und zu FuĂ zum Bahnhof gebracht worden, wo wir auf dem Bahnsteig zu warten hatten."
David: "Zwei Dinge beherrschen die Landschaft, es sind die TĂźrme und die Gräben. Bei den TĂźrmen unterscheiden sich die KirchtĂźrme von den Wach- und SchieĂtĂźrmen und bei den Gräben sind zum einen die Gräben der militärischen Verteidigung und zum andern die Gräben zum AuffĂźllen mit erschossenen Männern, Frauen und Kindern. Es ist das Landschaftsbild der Trostlosigkeit, der Verworfen- und Verlorenheit und der Schande durch Arroganz und den Mangel an Brot und Menschlichkeit."
Prodessor David Blumenthal: "Es war die Zeit der groĂen Prozesse der fĂźnfziger und sechziger Jahre um die Geschehnisse von Auschwitz. Da ging es zum einen um die inhaftierten Menschen, die das Konzentrationslager Ăźberlebt hatten und zum andern um die anderen Menschen, die die Täter in den Lagern waren, sei es als Lagerleiter, "Lagerarzt", Aufseher oder sonst eine Hilfsperson. Bei diesen Prozessen gab es groĂe Probleme beim Berichten, was im Lager abgelaufen war.
Der Zugang zur Seele geht durch eine TĂźr, die nach einem besonderen SchlĂźssel verlangt, um sie aufzuschlieĂen. Eine auĂergewĂśhnliche Frau gab das Wort "SeelenaufschlieĂer". Diese Frau hat zur Zeit der Judentransporte nach Auschwitz mir das Leben gerettet, als sie mich als vergessenes Kind vom Bahnsteig holte und zu sich in ihr kleines Hinterhaus nahm und mir zu essen und einen Platz zum Schlafen gab."