(0)

Die angeklagte Orchidee: Kriminalroman

E-book


Die purpurne Dunkelheit schien von einer nebulösen Andeutung des Schönen erfĂŒllt zu sein. Lange BĂ€nder und Seile von BlĂŒten hingen wie Sterne, die sich in einem blauen See spiegeln. Als sich das Auge an die DĂŒsternis gewöhnt hatte, schienen sich diese BlĂŒten auszudehnen und zu verschönern. Eine große orangefarbene Kugel schwebte auf einem violetten Nebel, ein rosafarbener Fleck schwamm gegen eine undurchsichtige Fensterscheibe wie ein Schwarm Schmetterlinge. Draußen war das kehlige Tosen des Piccadilly deutlich zu hören, drinnen herrschte neblige Stille und die beruhigte und verwöhnte AtmosphĂ€re des Orients. Dann streckte sich eine lange, schlanke Hand aus - eine Hand mit Juwelen darauf - und die ganze riesige Kuppel wurde in strahlendes Licht getaucht.

Die elektrischen GlĂŒhbirnen hatten ausnahmsweise ihre grelle Aufdringlichkeit verloren. Es gab Dutzende von Lampen, aber jede einzelne war mit triefenden Blumen und BlĂ€ttern behangen, bis sie wie ein nebliger Mond hinter den Baumwipfeln wirkten. Und die BlĂŒten hingen ĂŒberall - Tausende und Abertausende von ihnen, rot, blau, orange, cremeweiß, phantastisch in Form und Farbe, mit einer teuflischen Anziehungskraft, wie sie nur Orchideen besitzen. Oben auf dem Dach lugten aus einer schwachen Dampfwolke weitere BlĂŒten in Purpur und Azur hervor.

Als Sir Clement Frobisher zu der erstaunlichen Schönheit seines Orchideenhauses beglĂŒckwĂŒnscht wurde, bemerkte er zynisch, dass ihn diese Torheit von Anfang bis Ende ĂŒber hunderttausend Pfund gekostet hatte. Er war ein Mann ohne einen einzigen großzĂŒgigen Impuls oder ein GefĂŒhl der RĂŒhrung; die Liebe zu Blumen war die einzige SchwĂ€che, die ihm die Vorsehung gewĂ€hrt hatte, und er hielt sie fĂŒr das Geld. Sie konnten Sir Clement Frobisher ausrauben oder ihn betrĂŒgen oder anlĂŒgen, und er wĂŒrde Sie weiterhin zum Essen einladen, wenn Sie ein hinreichend amĂŒsanter oder besonders schurkischer Bursche waren, aber wenn Sie beilĂ€ufig eine seiner unbezahlbaren Cypripedien pflĂŒckten...!