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Ich kam und sah und lachte

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In einer der in diesem Buch nachzulesenden „Neulichkeiten“ geht es um eine Nonne in einem Wahllokal in Jena, wo sie zur Zeit der ersten Wahl zur Volkskammer fĂŒr ein besonderes VergnĂŒgen und herzliches GelĂ€chter sorgte. Und damit sind wir schon bei den beiden großen Themen dieses Autors, der sich immer wieder mit der menschlichen Heiterkeit und deren Voraussetzungen sowie mit dem Lachen befasst hat – und zwar mit dem Lachen zur richtigen Zeit.

Um das besser verstehen zu können, sei hier die vollstÀndige Nonnen-Heiterkeit zitiert:

Von einer Nonne, die sich der Polizei ĂŒberliefern wollte; sie wurde aber nicht genommen

WĂ€hrend der ersten Wahl zur Volkskammer erlebten die WĂ€hler in einem Wahllokal in Jena ein besonderes VergnĂŒgen. Eine junge und hĂŒbsche Nonne hatte ihren Stimmzettel in einer der Kabinen ausgefĂŒllt und trat an die Urne heran. Nach einem Blick gen Himmel steckte sie den Stimmzettel in die Öffnung der Urne und rief bewegt: „So, jetzt könnt ihr mich verhaften.“

Sie hatte nĂ€mlich mit „Nein“ gestimmt und dachte nicht anders, als dass sie nun unvermeidlich hinter Gittern schmachten mĂŒsse. Als die ĂŒbrigen WĂ€hler die Situation begriffen hatten, brachen sie in ein herzliches GelĂ€chter aus, das sich an der Verlegenheit der hĂŒbschen Nonne immer aufs Neue entzĂŒndete. Die Nonne blickte sich im Raume um, ihre Augen suchten den „Geheimpolizisten“, der nach ihrer Meinung unbedingt anwesend sein musste. Doch es wollte sich keiner blicken lassen. Weitere in das Wahllokal eintretende WĂ€hler umringten die Nonne und stimmten in das GelĂ€chter ein, sobald sie unterrichtet wurden. Die Nonne sah sich noch immer nach der Polizei um, ihr Blick hatte jetzt aber etwas Hilfesuchendes an sich. Es schien, als ob sie den Polizisten als Retter aus höchster Not erwarte. Aber auch jetzt trat er nicht auf die BildflĂ€che.

Schließlich machte ein Angehöriger des Wahlausschusses die Nonne darauf aufmerksam, dass sie durch ihr Verhalten den ernsthaften Fortgang der Wahlaktion störe, und sie ging blutĂŒbergossenen Gesichts aus dem Raum.

Das Bemerkenswerte an dieser Geschichte ist aber, dass die Nonne eine tiefe EnttĂ€uschung ĂŒber diesen Ausgang ihrer Wahlhandlung im Herzen nach Hause trug. Einige der Umstehenden jedenfalls wollten es so gesehen haben.

Und zum Schluss noch zwei andere spannende Aphorismen von Gerhard Branstner:

Manche Leute sind, wie sie sagen, nur deshalb gegen die Revolution, weil sie unhöflich sei.

WorĂŒber man sich nicht einigen kann, darĂŒber kann man nicht streiten.