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Afrikanische Philosophie im Kontext der Weltphilosophie

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Der Ethnozentrismus der europĂ€ischen Philosophie im Zeitalter der AufklĂ€rung war im Grunde eine Episode innerhalb der Philosophiegeschichte im Ganzen. Er wirkt indessen im heutigen PhilosophieverstĂ€ndnis vieler europĂ€ischer LĂ€nder immer noch nach. Die EinflĂŒsse aus Ägypten und dem Vorderen Orient auf die klassische griechische Philosophie sind bekannt. Im Mittelalter mischte sich der christliche Aristotelismus mit der arabisch-islamischen Variante. Leibniz' Philosophie war nicht nur innerhalb Europas, sondern auch darĂŒber hinaus international orientiert.

Schon im ausgehenden 18. und auf breiter Front mit dem beginnenden 19. Jahrhundert entsteht erneut ein Interesse an nicht-europÀischen Philosophien, und zwar nun vor allem an der indischen und chinesischen Philosophie, das indessen nur sehr begrenzt in die akademische Fachphilosophie durchdringt. In der ersten HÀlfte des 20. Jahrhunderts gibt es einzelne AnsÀtze, die Philosophien einheimischer Völker ernst zu nehmen.

Erst nach 1950, im Zuge des UnabhÀngigwerdens der europÀischen Kolonien, tritt die afrikanische Philosophie ins Blickfeld. Im Arbeitszusammenhang der interkulturellen Philosophie, der sich im Lauf der zweiten HÀlfte des 20. Jahhrunderts konstituiert, werden auch lateinamerikanische und - wie schon im spÀten Mittelalter - arabisch-islamische Philosophie wichtige GesprÀchspartner. Ferner werden philosophische Gehalte der kulturanthropologischen und religionswissenschaftlichen Forschungen in ihrer Relevanz erkannt.

Mit dem Eintreten der afrikanischen Philosophie in den weltweiten philosophischen Diskurs wird die prinzipielle Möglichkeit eigener philosophischer Traditionen und Arbeitsweisen in allen Kulturen mit primĂ€r mĂŒndlichen Formen der Kommunikation und Überlieferung eröffnet. Die Quellen und die Überlieferungsformen primĂ€r oraler Philosophien sind am Beispiel des subsaharischen Afrika genau zu erfassen, um die spezifischen Möglichkeiten der ĂŒberwiegend mĂŒndlichen Formen des Philosophierens sichtbar zu machen. Letztere sollten gleichberechtigt neben der ĂŒberwiegend schriftlich praktizierten und ĂŒberlieferten Philosophie betrachtet werden. Wenn es zu einer Konvergenz beider philosophischer Stile kommt, sollten sie doch auch in ihrer Eignbedeutung erhalten bleiben.