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Die zweite Begegnung

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Der Bauer Jakob Haselmann kettet die Hunde los, zwei krĂ€ftige, hochbeinige Doggen. Nun braucht er die Werber nicht zu fĂŒrchten, die aus der Stadt gekommen sind, um ihn in die LPG zu locken. Schließlich lĂ€sst er Kalle Kulka aus dem Chlorbetrieb des Kombinates doch in sein Haus.

In der ersten Begegnung hat er den Menschen des Dorfes die Verordnung ĂŒber die Bodenreform erlĂ€utert und dass auch der Grundbesitz des Freiherren Wenzel und des ehemaligen OrtsbauernfĂŒhrers Kluge enteignet und aufgeteilt wĂŒrde.

Und nun sollen sie das Land wieder zusammentun und gemeinsam in der LPG bewirtschaften?

LESEPROBE:

Vorsichtig schnitt er mit seinem Taschenmesser die Halme der Pflanzen ab. Dann untersuchte er die platten, kreisrunden Sprengkörper. Er kannte das Fabrikat, im Strafbataillon war er an ihm ausgebildet worden. Er schraubte die Kapseln ab und barg die ZĂŒndsĂ€tze. Seine Finger durften nicht zittern, nicht einen Augenblick. Haselmann und die Bauern waren wieder zurĂŒckgekehrt. Sie standen am Feldweg und bangten um den Arbeiter. Sie konnten aus der Entfernung nur ahnen, was er tat. Sie verfolgten mit ihren Blicken jede seiner Bewegungen und schwiegen. Hin und wieder traf sie das Blinken der Klinge. Jedesmal, wenn Kulka sich aufrichtete, atmeten sie erleichtert auf. Einmal kam der Arbeiter zu ihnen und bat um etwas Kaffee. In den Falten auf seinem Gesicht glitzerte der Schweiß. Sie wagten nicht, ihn nach seiner Arbeit zu fragen. Sie reichten ihm das GetrĂ€nk und haschten nach seinen Augen. Sie hofften, aus ihnen irgendein Zeichen zu entnehmen, das sie klĂŒger machte. Kulka schlĂŒrfte den heißen Kaffee in kleinen Schlucken. Er brannte sich eine Zigarette an, zertrat sie aber halbgeraucht im Gras. Dann drehte er sich wortlos um und humpelte wieder auf die ungepflĂŒgte FlĂ€che. Meter um Meter tastete er sich den dunklen, drohenden Fichten entgegen. Die Bauern wichen nicht von der Stelle. Wenn sie sich etwas zu sagen hatten, flĂŒsterten sie nur. Endlich gewahrten sie, daß sich Kulka immer seltener bĂŒckte. Schließlich, als er den letzten Zipfel des Hanges durchstreift hatte, wankte er vom Feld. Über ein Dutzend Minen hatte er bis zum Nachmittag entschĂ€rft. Auf seinen verschwitzten Armen klebten die trockenen Spelzen vom Flughafer. In den Stoff seines Anzugs hatten sich Kletten gehakt. Erschöpft ließ er sich auf den Rasen am Wegrand sinken. Das eine Hosenbein rutschte Kulka fast bis zum Knie hinauf. Es entblĂ¶ĂŸte eine geschiente hölzerne Prothese.