Am 18. Dezember 2020 erhielt Dick Marty einen Anruf vom Kommandanten der Tessiner Kantonspolizei, sein Leben sei bedroht, er und seine Familie mĂŒssten sofort unter Personenschutz gestellt werden. Marty fragte nur: »Balkan?« 2009 hatte ihm der Europarat die Ermittlungen zum Handel mit Organen serbischer Gefangener nach dem Kosovokrieg ĂŒbertragen. So wurde Marty gleich zu Beginn seines Ruhestands zum Gefangenen im eigenen Haus.
In der folgenden von BedrĂŒckung geprĂ€gten Zeit bleibt ihm nichts anderes ĂŒbrig, als die Geschehnisse in der Welt zu beobachten, die StĂŒrmung des Kapitols, den russischen Ăberfall auf die Ukraine, den Zusammenbruch der Credit Suisse. Mit seiner Erfahrung und seinem Wissen zieht er SchlĂŒsse daraus und fĂ€ngt an zu schreiben. Er denkt nach ĂŒber die Krise des Rechtsstaats, die Zerbrechlichkeit der Demokratie und die politische NeutralitĂ€t. Er vollzieht die SchlĂŒsselmomente seines politischen Lebens nach, rekonstruiert die Fakten, die ihn zur Zielscheibe eines unbekannten Feindes gemacht haben, und reflektiert die Phasen der laufenden Ermittlungen, die sich immer mehr wie eine Ermittlungsverweigerung prĂ€sentieren.
Der Text ist das VermÀchtnis eines Ausnahmepolitikers, der sein gesamtes Leben in den Dienst der Gerechtigkeit gestellt hat.