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Hexensommer

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Sie flogen Besen an Besen. Anne saß gerade, mit flatterndem Wolltuch; krumm hockte die Großmutter, wieder mit wehendem Haar, die Ähnlichkeit zwischen ihnen war unverkennbar.

Bringst du mich dorthin, wo du mein Spiegelbild getroffen hast?

Die Alte lachte auf. Stell dir das nicht so einfach vor, rief sie. Wenn du es nicht allein findest, kannst du’s niemals festhalten. Sah's selbst nur für Sekunden. Dann zersprang es in tausend Scherben. Die wirst du suchen müssen. Und zusammenfügen. Aber das wird dir nicht gelingen, wenn du nichts anderes suchst als dies. Verstehst du?

Nein, Großmutter.

Wer nur sich selbst sucht, wird wenig finden, am wenigsten: sich selbst.

Die Wolkendecke unter ihnen hatte sich gelichtet, wurde ein dünner Schleier, verflog gänzlich, und verloren blitzten die Erdenlichter durch die Dunkelheit ...

Der poetische Reiz dieses in sensibler Sprache geschriebenen Romans liegt in der Verfremdung und zugleich Doppelung der beiden Hauptfiguren. Anne Bremer, Lehrerin, wird sich endlich der Fehleinschätzung ihrer Schüler durch die zur Wahrhaftigkeit mahnende innere Stimme bewusst: Die Hexe Barbara verkörpert Annes zweites Ich, als die zweite Seite ihres Gewissens - Barbara in Anne, zwei und doch eins ...

Auch Annes Großmutter vermag erst als Hexe Debitrice zu erkennen, dass sie niemals auch nur den Versuch unternahm, zu handeln, wie sie es selbst für gut und richtig hielt.

Für Anne Bremer war es ein langer Weg, selbstbewusst „ich" zu sagen. In die Wiedergabe dieses Bildes floss ein großer Erfahrungsschatz der Autorin mit ein.

Der kritische, immer noch sehr aktuelle Roman, erschien erstmals 1984 im Buchverlag Der Morgen Berlin.