Ein gewisser Prozentsatz von SchĂŒler*innen zeigt im Verlauf der Grundschulzeit
trotz guter sonstiger schulischer Leistungen eine auffÀllige Minderleistung im
Bereich der Mathematik. Die Diagnostik einer sogenannten RechenschwÀche bei
einem Teil dieser SchĂŒler*innen stellt in zwei Richtungen eine bisher nicht befriedigend
gelöste Herausforderung dar: zum einen ist fraglich, ob der betreffende
Personenkreis zutreffend identifiziert werden kann, zum anderen sind mit zutreffender
Diagnose nicht automatisch die fĂŒr die jeweiligen SchĂŒler*innen sinnvollen
pÀdagogischen Interventionen identifiziert.
DerAutor stellt sich dieser Problematik ĂŒber eineAuseinandersetzung mit verschiedenen
Modellen des Lernens und einer entsprechend angelegten empirischen
Untersuchung mit SchĂŒler*innen der betreffenden Population.
Ausgangspunkt der Studie ist die Auseinandersetzung mit der verbreiteten Diagnostik
mittels der âZareki-Râ, die den neuropsychologischen Ansatz des 'Triple-
Code-Modells' operationalisierbar zu machen verspricht. In der Auseinandersetzung
mit diesem Vorgehen zeigen sich einerseits theoretische InkohÀrenzen,
andererseits Fehldiagnosen in der empirischen ĂberprĂŒfung.
Als Lösungsansatz greift der Autor auf den kulturhistorischen Ansatz von Vygotskij
zurĂŒck und wendet diesen auf den Erwerb mathematischer FĂ€higkeiten und
Fertigkeiten von Kindern bzw. SchĂŒler*innen an. Hierbei zeigt sich die TragfĂ€higkeit
dieses Konzepts der Entwicklung von Kindern auch in Bezug auf den Bereich der
Mathematik. Es lassen sich allerdings auch Forschungsdesiderate aufzeigen, da
die vorliegenden empirischen Erkenntnisse zur Entwicklung mathematischer Kompetenzen
bei Kindern unter besonderer Beachtung von Schwierigkeiten bei ihrem
Erwerb noch nicht ausreichend kulturhistorisch aufgearbeitet sind. Insbesondere
methodische Ăberlegungen zur Erfassung von individuellen, lerngegenstandsbezogenen
Zonen der nÀchsten Entwicklung stellen eine Herausforderung dar und
wurden in dieser Untersuchung durch eine kulturhistorische Adaption des revidierten
klinischen Interviews gelöst. Es kann gezeigt werden, dass es dieses Herangehen
sowohl ermöglicht, SchĂŒler*innen mit Schwierigkeiten im basalen mathematischen
Bereich zu identifizieren, als auch ihre individuellen Zonen der nÀchsten
Entwicklung zu ermitteln und damit fĂŒr mögliche pĂ€dagogische Interventionen
nutzbar zu machen.