Nietzsches Projekt einer Umwertung aller Werte setzt ein mit einer Umwertung des Begriffs des Scheins. Nietzsches Philosophie des Scheins ist ein Spiel mit dem abendländischen Diskurs der Metaphysik, sie impliziert eine provokative Zuspitzung und Radikalisierung der metaphysikkritischen Tradition der europäischen Aufklärung. Anhand dreier eingehender LektĂźren unternimmt es der Autor, die Relevanz der Aufwertung des Schein-Begriffs auf den Feldern der Ăsthetik und der Sprachtheorie zu ĂźberprĂźfen. Im Zusammenhang mit der "Geburt der TragĂśdie" wird zunächst Nietzsches Emanzipation von der Metaphysik Schopenhauers dargestellt.
Dem Autor gelingt es anschlieĂend, die Ăźberraschend deutliche Abhängigkeit kardinaler DenkstĂźcke der FrĂźhschrift von der Schillerschen TragĂśdienpoetik nachzuweisen. So wird sowohl an der "Geburt der TragĂśdie" wie weiter am Pamphlet "Der Fall Wagner" vorgefĂźhrt, in welcher Form Schillers Kampf gegen den "Naturalismus in der Kunst" von Nietzsche aufgegriffen wird. Nietzsches fulminantes Plädoyer fĂźr eine Rehabilitierung der Rhetorik wird ausgehend vom Traktat "Ăber Wahrheit und LĂźge im auĂermoralischen Sinne" als Konsequenz der Einsicht in den Kunstcharakter der Sprache begriffen.