Simone Weil (1909-1943) hat in ihrem kurzen Leben nicht nur ganz unterschiedliche Lebens- und Arbeitsbereiche in ihrer Person vereinigt - sie war gewerkschaftliche Agitatorin und Streikführerin, Fabrik- und Landarbeiterin, politische Analytikerin und Schriftstellerin, Philosophielehrerin an Mädchengymnasien und aufgrund tiefer religiöser Erfahrungen schließlich überzeugte, wenn auch sehr kritische Christin -, sondern hat auch in ihrem Denken die Mauern zwischen den Kulturen und Religionen durchlässig zu machen gesucht, indem sie unerkannte, verleugnete oder vergessene ideelle und strukturelle Ähnlichkeiten feststellt und dahinter motiv- und ideengeschichtliche Abhängigkeiten vermutet. Zudem hat sie an konkreten Beispielen immer wieder auf das intellektuelle und moralische Unrecht hingewiesen, daß bestimmte gewaltförmige Zivilisationen - sie nennt die altisraelische, die römische und die christlich-westeuropäische - Andersheit ausschließen und gewaltsam unterdrücken, dadurch ihren universalistischen Anspruch partikularistisch konterkarieren, anstatt die tiefer gelegenen, wesentlichen Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und im Übrigen - bei den verbleibenden, von der Sache her gerechtfertigten Differenzen - auf wechselseitige Toleranz und die moralische und religiöse Einsichtsfähigkeit der Menschen zu vertrauen.