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Tag und Nacht : Erfahrungen und Erkenntnisse in Namibia

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Der Kern meiner spĂ€ten PrĂ€gung als Arzt bildete sich durch den Blick in die Armut der Menschen und in die HĂ€rte der Kinderschicksale mit dem vielen Sterben. Bitter war das Abtrennen von HĂ€nden, Armen und Beinen bei Kindern, die eine Minenexplosion ĂŒberlebt hatten. Die meisten von ihnen waren an der Unfallstelle gleich tot. Das Bild dieser Trostlosigkeit erschĂŒtterte mich tief. Es gab mir Anlass, unter den miserablen und gefĂ€hrlichen Bedingungen die Arbeit an diesen Menschen aufzunehmen. Die Grenze der LeistungsfĂ€higkeit bestimmte erst der Zustand der Erschöpfung. Anders wĂ€re die Anforderung von der Höhe des kaum Vorstellbaren nicht zu schaffen gewesen und den Menschen in Not wĂ€re nur ungenĂŒgend geholfen worden.

Die Not der Menschen unter der Apartheid und danach haben die Schale zum Überlaufen gebracht. Vieles von dem ist versickert. Doch sollte das, was die Schale gefĂŒllt hatte, nicht ganz in Vergessenheit geraten. Die Augen der Menschen sollen weiter geöffnet werden, die sich fĂŒr andere Menschen interessieren und sich fĂŒr jene in Not einsetzen wollen. So sind es die Menschen, jene in Armut und Not auf der einen Seite, und die anderen auf der anderen Seite, die es sehen und helfen wollen, aber es nicht tun, und die in der kleineren Zahl, die sich fĂŒr andere Menschen einsetzen. Diese Menschen gaben mir den Anstoß zum Schreiben. Sie waren der Inhalt meines Arztseins. Nun sind sie Grundlage und Inhalt meiner BĂŒcher.

Es besteht kein Zweifel, dass das Wissen um die Menschen in Armut und Not nicht nur erweitert, sondern auch vertieft werden muss. Menschen in ihren armseligen Behausungen und tristen Aussichten auf den nĂ€chsten Tag mĂŒssen ernst, d.h. ernster denn je, genommen werden. Mit der Erweiterung und Vertiefung des Wissens sollen Mut und Ansporn hervorgebracht und soweit gestĂ€rkt werden, dass die HĂŒrde ĂŒberwunden wird, um sich fĂŒr diese Menschen, die doch die große Mehrheit der Bevölkerung sind, einzusetzen.