(0)

Weiße Tauben

E-book


In Gios Augen war während dieser Worte das Licht zurückgekehrt und eine Reihe widerstreitender Gefühle malten sich auf ihrem intelligenten Gesicht. »Gut«, sagte sie nach kurzem Kampf. »Da Sie mich nicht auslachen, so will ich Ihnen den Traum erzählen. Aber wo? Hier? Freilich, hier kann ja niemand zuhören. Also – nicht wahr, ich sagte Ihnen schon, dass ich verreist war, als Mama starb? Ich kam, vor ihrer Beisetzung in der Gruft der Favaro, zurück nach Venedig und habe sie noch im Sarge sehen können. Sie war ja auch im Tod noch sehr schön, aber es war doch in ihrem Gesicht etwas mir Fremdes, das ich mir nicht erklären konnte ... Und an ihrer Hand trug sie einen Ring, den ich nie zuvor bei ihr gesehen hatte: einen goldenen Spiralring in Form einer Schlange mit Rubinaugen und einem wunderfeinen, goldenen Krönchen auf dem Kopf! Donna Onesta behauptete, Mama hätte diesen Ring schon so lange gehabt, als sie sie gekannt hätte, und wollte mich ihn nicht abziehen lassen – man dürfe den Toten nichts fortnehmen. Ich halte das für Aberglauben, aber ich hab' nachgegeben, denn es war ja schließlich ganz egal. Ich kann aber schwören, dass ich diesen Ring nie an Mamas Hand, nie in ihrem Besitz gesehen habe ...