Die Idee der sympathischen, lebensklugen Denise von Schoenecker sucht ihresgleichen. Sophienlust wurde gegründet, das Kinderheim der glücklichen Waisenkinder. Denise formt mit glücklicher Hand aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt.
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Rike rieb sich die Augen und stellte fest, die Sonne schien durch den Vorhang ins Kinderzimmer. Natürlich war schönes Wetter zu Muttis Geburtstag. Rike hatte das nicht anders erwartet und war herrlich ausgeschlafen. Rasch stand sie auf, streifte den Pyjama ab und zog sich an.
Die Eltern schliefen noch. Genau so hatte Rike es sich am Tag zuvor vorgestellt. Auf Fußspitzen schlich sie durch die Diele und verließ die Wohnung. Damit die Tür nicht zufallen konnte, schob sie den Sperrriegel vor. Sie dachte an alles, damit die geplante Überraschung auch gelang.
In dem gepflegten Garten des Mietshauses blühten die herrlichsten Tulpen. Rike machte sich keine Gedanken darüber, dass diese schönen Blumen nicht unbedingt zum Abpflücken bestimmt waren. Vielmehr begann sie behutsam einen Stengel nach dem anderen abzubrechen, bis sie einen wunderschönen Strauß Tulpen im Arm hielt. Befriedigt schaute sie ihre Beute an. Gewiss würde Mutti sich freuen.
Das kleine Mädchen lief zurück ins Haus und stieg die Treppe zum zweiten Stockwerk empor, wo sich die Wohnung der Eltern befand. An der Tür war ein Schild befestigt: Just Windolf, Foto- und Werbe-Atelier. Zwar konnte Rike noch nicht lesen, doch sie wusste, dass ihr Vater Fotograf war. Seine Arbeitsräume befanden sich im dritten Stockwerk, unter dem Dach des Hauses. Rike liebte es, dort herumzustöbern, und die vielen Bilder anzuschauen, die in großen Mappen aufbewahrt wurden.
Im Augenblick aber dachte Rike nicht über die Tätigkeit ihres Vaters nach. Sie öffnete die Wohnungstür, ging zum Schlafzimmer der Eltern, drückte die Messingklinke herab und schob ihren Tulpenstrauß durch den