Ruth und Jean möchten im nächsten Sommer in das weiße Dorf. Nichts Schöneres könnten sie sich gerade vorstellen, als in diesem anscheinend vollkommenen Ort im Süden Spaniens wieder nebeneinander zu stehen. So wie jetzt, an der Reling des Kreuzfahrtschiffes mitten auf dem Amazonas. Die zwei (früher einmal) Verliebten sind eigentlich mit ihren jeweils neuen Partnern unterwegs – die allerdings nur in höflichen Erzählungen vom optimalen Beziehungsglück auftauchen. Sie alle wollen hier dem kalten Winter entfliehen, irgendwohin, wo der Service stimmt. Man lässt das exotische Panorama an sich vorbeiziehen und es wird viel gelacht.
Zufällig sind Ruth und Jean sich an Deck wieder begegnet. Als sie noch sehr jung waren, hatte Ivan Ruth zurückgelassen für einen Karrieresprung in die USA. Ruth trat dann ihre erste Stelle in Zürich an – oder war es Wien oder München? "Du hast Recht, es ist ein gutes Zeichen, wenn man schnell vergisst." Erstaunlich jung sind sie noch immer – und dabei beide so gebildet und erfolgreich und so sympathisch und zufrieden, wie eigentlich alle an Bord dieses schwimmenden weißen Dorfes.
"Das weiße Dorf" ist ein komisch-trauriges Kammerspiel, das seine zwei Protagonisten in einem hermetischen Wortgerüst gefangen hält. Die zirkulierenden Dialoge sind wie ein Monolog mit zwei Sprechern, denn Ruth und Jean sind beide eigentlich viel zu beschäftigt für romantische Träume.