Memoria. Erinnerungen an das 20. Jahrhunderts

"Da hĂ€tten sie mir den Kopf abreißen können", sagt die heute 95-jĂ€hrige Hilde Kerer, die 1939 fĂŒr Deutschland optierte. Weil sie die Freundschaft zu einer Dableiberin nicht aufgeben wollte, wurde die Brixnerin von Gleichgesinnten geschnitten. Dieser Druck, der sich in der Zeit zwischen italienischem Faschismus und aufkeimendem Nationalsozialismus in der SĂŒdtiroler Gesellschaft aufbaute, war prĂ€gend fĂŒr Kerer. 1940 wanderte sie ins Deutsche Reich aus und wurde zu einem sogenannten BlitzmĂ€del, einer Nachrichtenhelferin der Wehrmacht. Ab 1943 fand sie sich mitten im Krieg vorerst in Russland und dann in Frankreich wieder, wo sie nach der Invasion der alliierten StreitkrĂ€fte einen Bombenabwurf ĂŒberlebte, der zwei ihrer Kolleginnen das Leben kostete. Die weibliche Kameradschaft war fĂŒr Kerer ein geschĂŒtztes Umfeld, in dem sie die Schrecken des Krieges und der deutschen Besatzung ausblenden konnte. Das Erlebte vertraute sie zwischen 1942 und 1944 ihrem Tagebuch und Jahrzehnte spĂ€ter dem Publizisten Thomas Hanifle an, der ihre Erinnerungen in das vorliegende Buch einarbeitete.