montage AV 1/2021

Das große Kulturelle Erbe des brasilianischen Films ist durch die Bolsonaro-Regierung bedroht. Dies zeigt sich insbesondere an der Schließung der Cinemateca Brasileira, die mit ĂŒber 250.000 Filmrollen und ĂŒber einer Million Dokumenten wie Plakate und DrehbĂŒcher ĂŒber die wichtigste Sammlung des audiovisuellen Erbes Brasiliens, wenn nicht gar Lateinamerikas verfĂŒgt. Wenngleich sich die Lage seit Bolsonaros Amtsantritt unverkennbar verschĂ€rft hat, ist das kulturelle Erbe Brasiliens aber schon lĂ€nger bedroht. Insbesondere die Lebenswelten und Kulturen der Indigenen und der Schwarzen Bevölkerung werden systematisch marginalisiert oder aus einer Weißen Perspektive definiert. Das brasilianische Kino steht außerdem seit seiner Entstehung in einem postkolonial geprĂ€gten Spannungsfeld, das sich insbesondere mit dem Einfluss Hollywoods konfrontiert sieht. Eng daran angeknĂŒpft ist die Frage nach einer nationalen FilmĂ€sthetik. Dass in Deutschland vor allem das brasilianische Kino wahrgenommen und diskutiert wird, und weniger das Fernsehen oder die Serienproduktion, hĂ€ngt besonders mit dem Einfluss jener Filmfestivalzirkel und der Zunahme internationaler Koproduktionen zusammen, die die Laufbahnen der Filme lenken. Auf ihrem Weg ĂŒber den Globus haben jedoch auch brasilianische Telenovelas ihre Spuren im deutschen Fernsehprogramm hinterlassen. Die BeitrĂ€ge dieser Ausgabe von montageAV werfen auch Schlaglichter auf vergleichsweise selten beachtete PhĂ€nomene und vermitteln neue Impulse. Jenseits des Schwerpunktthemas gibt es einen Beitrag zur AuffĂŒhrung experimenteller Filme wĂ€hrend der documenta 6 (1977) sowie in der Rubrik "Feministische Perspektiven" einen Beitrag ĂŒber misogyne Bildproduktionen.