Ich war nie ein Freund des frühen Aufstehens. Aber die Stadt schläft selten, und Verbrechen kennen keine Uhrzeit. Es war kurz nach fünf, als mein Handy vibrierte. Ich lag noch im Halbschlaf, das Fenster einen Spalt offen, draußen das leise Rauschen der Elbe, das gelegentliche Tuten eines Schiffs. Hamburg. Meine Stadt. Meine Heimat. Und manchmal mein Albtraum.
„Jörgensen“, murmelte ich ins Telefon. Die Stimme am anderen Ende war die von Roy. „Uwe, wir haben einen Toten an den Landungsbrücken. Obdachloser, Stichverletzung. Die Streife hat schon abgesperrt. Ich bin unterwegs.“
Ich schwang die Beine aus dem Bett und rieb mir das Gesicht. Mein Blick fiel auf das Foto auf dem Nachttisch: Meine Tochter, acht Jahre alt, ein Lächeln, das heller war als jeder Hamburger Sommertag. Ich versprach ihr, heute pünktlich zu sein. Wieder einmal ein Versprechen, das ich wohl brechen würde.
Draußen war es noch dunkel, die Straßen nass vom nächtlichen Regen. Das Licht der Straßenlaternen spiegelte sich auf dem Asphalt, und ich zog den Kragen meines Mantels hoch, als ich zum Wagen ging. Der Wind roch nach Hafen, Salz und Diesel. Hamburg eben.