In der Kunstgeschichte gilt die Stilllebenmalerei als Gattung, in der in menschenleeren Räumen unbewegliche Gegenstände vor einem flachen, nicht näher definierten Hintergrund präsentiert werden und damit Bilder entstehen, in der die Zeit geradezu angehalten scheint. Die vorliegende Arbeit stellt diese überlieferte Auffassung in Frage.
So haben einerseits die Stillleben mit illusionistisch gemalten Gegenständen, die über die Tischkante und damit aus dem Bild heraus und in den Betrachterraum hinein ragen und mit Spiegelungen, die im Bild den Raum des Betrachters reflektieren, Strategien entwickelt, um den Raum jenseits des Bildes zu erobern und zu besetzen. Andererseits deuten die Abbildung berührter Speisen und benutzten Geschirrs darauf, dass die dargestellte Szenerie einen Zeitraum umfasst, der über den kurzen Darstellungsmoment weit hinausgeht.
Ausgehend von diesen Beobachtungen untersucht die Arbeit jene Raumgebilde, die im Zusammenspiel von Bildraum und Betrachterraum entstehen sowie die Frage, wie Stillleben Erzählungen aufbauen. Dabei greift sie unter anderem auf zeitgenössische Diskussionen um Raumvorstellungen zurück, setzt sich mit den toneelwetten mit den damals gültigen Regeln für den Aufbau von Dramen auseinander und wertet umfangreiches Quellenmaterial zur Wohnkultur aus.