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Der Wagner Willi

Livre numérique


Millionenfaches Leid hat der zweite Weltkrieg über die Menschheit gebracht. Anzuklagen ist aber nicht nur eine krude Führung mit einer wahnwitzigen Agenda, erst willfährige Unterstützer, Verblendete und korrumpierte Mitläufer machten es möglich. Den perversen Zielen eines verbrecherischen Regimes hatten sich alle unterzuordnen, das Individuum zählte nichts. Was wir aber nie vergessen dürfen: hinter jedem einzelnen Opfer stand ein persönliches Schicksal, ein zerstörter Lebenstraum. Was noch schlimmer ist: Ein moralfreies Regime und ein sinnloser Krieg zwang junge Menschen im verständlichen Überlebensdrang dazu, eine Seite in sich hervorzukehren, die sie in Friedenszeiten vermutlich nie kennengelernt hätten. Wir, die wir nie einen Krieg erlebt haben und hoffentlich auch nie erleben werden, sollten uns nicht anmaßen, ein Urteil über ihr Handeln zu fällen.

Nicht nur an der Front spielten sich Dramen ab, auch in der Heimat warf der Krieg einen großen Schatten auf das Leben der Menschen. Schlaglichtartig wirft Robert Stoeck einen Blick auf das Leben von Willi Wagner und dessen Familie während der Kriegsjahre. Ereignisse an der Kriegsfront, aber vor allem im idyllischen Eckarts, einem kleinen Dorf in der Rhön, abseits der großen Zentren, bilden den Rahmen. Es wäre möglich gewesen, die Protagonisten deutlicher auszuleuchten und die Geschehnisse, die sich so oder in ähnlicher Form tatsächlich hätten zutragen können, in epischer Breite zu schildern. Dieser Versuchung widersteht der Autor: pointiert skizziert er einzelne Schicksale und schicksalhafte Begegnungen, zeigt auf, wie schnell der hoffnungsfrohe Traum von einem erfüllten Leben durch das banale Böse zerstört werden kann und so manche Episode nimmt eine unerwartete Wendung.

So wird die Novelle zu dem, was sie sein soll: die kleine Schwester des Dramas.

Mit »Der Wagner Willi« gelingt Robert ein erstaunliches Erstlingswerk. Ich wünsche allen Lesern ein kurzweiliges Lesevergnügen und dem Werk die Anerkennung, die es verdient.

Dr. Norbert Stoeck