Das vorliegende Heft ist der Denk- und Lebensspanne des persischen Dichter-Philosophen Mosleh ad-Din Saadi Schirazi gewidmet, der im 13. Jahrhundert gewirkt hat. Saadis Leben vollzieht sich in einer historischen Situation unsteter, weltweiter Veränderungen. In Europa wird die Inquisition in ihren späteren Dienst als rigorose Exekutivmacht der katholischen Kirche überstellt. Im westasiatischen Raum grassiert, ähnlich wie in Europa, unter dem massiven Einfluss der Mongoleneinfälle moralisch verwerfliche und menschenverachtende Gewalt.
Vielfältige Gewaltkonstellationen nehmen weitreichend Einfluss auf Saadis Leben und Denken. In der iranischen Geistesgeschichte nimmt er eine besondere Stellung ein, da er Dichtung nicht nur als episches oder dramatisches Kunsthandwerk erschafft. Er geht weit darüber hinaus und nimmt den menschlichen Schmerz als den eigenen wahr. Diese Kombination erhebt ihn zu einem einzigartigen Dichter-Philosophen, der den Menschen mit dem Denken versöhnt. Ihm geht es nicht um das Erwecken eines nationalen Bewusstseins innerhalb der persischen Kultur, sondern überall und ausschließlich hat er das Menschliche im Kontext seiner jeweiligen Existenz vor Augen. Diese anthropologische Verbundenheit macht Saadi einzigartig und lässt ihn zeitlos erscheinen.