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Behindertenschwimmsport und Klassifizierung

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Regelwerk und Wettkampfsysteme im Sport sollen Chancengleichheit gewĂ€hrleisten und sind Voraussetzung, dass die individuelle Leistung ĂŒber Sieg oder Niederlage entscheidet. Was fĂŒr den Wettkampf- und Leistungssport der Nichtbehinderten in vielen Sportarten etabliert ist, gestaltet sich fĂŒr Athleten mit Behinderungen aufgrund einer Vielzahl an Behinderungsarten sehr kompliziert. Besonders deutlich wird diese Problematik beim Brustschwimmen von Menschen mit Behinderung, wo die Klassifizierung anhand einer theoretischen Kalkulation vorliegender motorisch-funktioneller BeeintrĂ€chtigungen erfolgt. Dies fĂŒhrt dazu, dass Athleten mit gleichen funktionellen EinschrĂ€nkungen, aber unterschiedlichen Behinderungsarten innerhalb einer Startklasse antreten. Ist dabei eine Chancengleichheit gegeben?

In der vorliegenden Arbeit wird der Frage nachgegangen, inwiefern die individuelle Brustschwimmbewegung in AbhĂ€ngigkeit zur motorisch-funktionellen BeeintrĂ€chtigung steht und ob somit eine Vergleichbarkeit der klassifizierten funktionellen EinschrĂ€nkungen gegeben ist. Dabei sollten vor allem schadensspezifische Besonderheiten gekennzeichnet werden, die den Prozess der funktionellen Klassifizierung unterstĂŒtzen können.

Im Rahmen der Studie wurden 13 Kaderschwimmer mit unterschiedlichen Körperbehinderungen untersucht, die im Strömungskanal in Brustschwimmtechnik einen ansteigenden Stufentest bis zur maximalen Ausbelastung absolvierten. Zur Analyse der Schwimmbewegung wurden die Verfahren der videogestĂŒtzten 2-D-Bewegungsanalyse und die OberflĂ€chenelektromyografie simultan eingesetzt.

Die Ergebnisse unterstreichen, dass auf der Grundlage der gewĂ€hlten Herangehensweise bewegungsanalytisch und neuromuskulĂ€r wertvolle Hinweise fĂŒr die ErklĂ€rung von behinderungsspezifischen Besonderheiten, die als Variations- und Kompensationserscheinung in AbhĂ€ngigkeit zur funktionellen BeeintrĂ€chtigung gesehen werden mĂŒssen, gewonnen werden können. Somit kann ein individuelles VerstĂ€ndnis in AbhĂ€ngigkeit vom einzelnen Athleten ĂŒber die ablaufenden Prozesse wĂ€hrend der Brustschwimmbewegung ermöglicht werden, was die Klassifizierung im Schwimmen in der EinschĂ€tzung der individuellen LeistungsfĂ€higkeit eines Athleten unterstĂŒtzen kann. Es können anhand der erzielten Erkenntnisse jedoch nur eingeschrĂ€nkte verallgemeinernde Informationen fĂŒr die funktionelle Klassifizierung getroffen werden. FĂŒr die Trainingsplanung ermöglichen die Ergebnisse konkrete Ableitungen von Inhalten, die sich schwerpunktmĂ€ĂŸig auf Elemente der BewegungsausfĂŒhrung und -koordinierung orientieren, welche entsprechend der EinschrĂ€nkung möglich sind.