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Neunhundert Thesen : Zweisprachige Ausgabe

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Giovanni Pico della Mirandola war gerade einmal 23 Jahre alt, als er seine Neunhundert Thesen im Jahr 1486 in Rom mit der Schlussbemerkung veröffentlichen ließ, dass er persönlich jedem Gelehrten, der zur Disputation ĂŒber die Thesen nach Rom kommen wolle, die Reisekosten erstatten wĂŒrde. Pico hatte sich damit ein Ziel von bisher nie dagewesenen Ausmaßen gesetzt: Mit allen Gelehrten des Abendlandes wollte er vor dem Papst ĂŒber alle LehrsĂ€tze der verschiedenen Völker und deren Denker disputieren, ĂŒber die Kabbala und die zoroastrischen Weisheitslehren wie ĂŒber die verschiedensten Thesen des Neuplatonismus, der mittelalterlichen Scholastik, der Orphik und der arabischen und chaldĂ€ischen Weisheit. Das Ziel war die Versöhnung aller im Abendland bis dahin bekannten AutoritĂ€ten und die ZusammenfĂŒhrung der philosophischen und theologischen Traditionen des 15. Jahrhunderts zu einer christlichen Weisheit. Pico stellte sich die Veranstaltung als einen gewaltigen Kongress vor, fĂŒr den die Neunhundert Thesen die Diskussionsgrundlage bilden sollten. WĂ€hrend die ersten 400 Thesen eine Zusammenstellung konfligierender Lehrmeinungen darstellen, sind die zweiten 500 »Thesen gemĂ€ĂŸ der eigenen Ansicht«, also – schon das ein unerhörtes Novum – ganz eigene Positionen Picos, die von der gĂ€ngigen Art des Philosophierens abweichen. Allein – der Papst ließ 13 der Thesen auf den Index setzen und den gesamten Text verbieten. Die Versammlung, von der Pico getrĂ€umt hatte, fand niemals statt. Die bereits gedruckten Exemplare wurden eingezogen und zum Teil verbrannt. Pico wurde, nachdem er Rom verlassen hatte, verhaftet und exkommuniziert.