Die Begegnung mit dem 'Anderen' stellt ein anthropologisches Grundverhältnis dar. Menschen unterhalten Beziehungen zueinander, lehnen sich aneinander an, grenzen sich voneinander ab, ahmen sich gegenseitig nach oder passen sich an. Die Identität des Einzelnen wie der Gruppe erwächst aus der Differenz und der Abgrenzung, entwickelt sich also durch Konfrontationen und Irritationen in Beziehungen zu anderen Menschen, Dingen und vor allem: anderem Denken. 'Anders' ist selbst ein relationaler Begriff, und da wir uns mit der Neutralität so schwer tun, heißt er im Prozess der Einschätzung und Bewertung letztlich immer: anders als ich, anders als ich denke oder will. Ob nun etwas als andersartig erlebt und mit welchen Bewertungen es konnotiert wird, variiert je nach Situationsdefinition, Deutungsmustern und Ordnungsleistungen, je nach subjektiven Vorverständnissen und der eigenen Selbstverortung. Das 'Andere' ist somit eine Konstruktionsleistung des Subjekts, eine Abgrenzungsmaßnahme, ein aktives 'Othering', und das Verstehen des 'Anderen' ist eine Tätigkeit, die auf Akten des Selbstverstehens, der Selbstauslegung beruht. Geschlechterforschung und Psychoanalyse sind beide zentral, wenn auch je unterschiedlich mit dem Thema der Andersheit, Fremdheit und dem Verhältnis zum Anderen befasst, deshalb lohnt es sich, zu prüfen, was sie jeweils zu der Frage beitragen können, wie sich die verschiedenen Differenzierungs- und Abgrenzungskategorien zueinander verhalten.
Ambivalente Erfahrungen – (Re-)politisierung der Geschlechter
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