Aus seiner langjährigen psychologischen Praxis heraus analysiert Wolfgang Schmidbauer die Strukturen des einfach aufgebauten Problems im Gegensatz zu einem komplexen Dilemma während der Corona-Krise und sieht besorgt auf das zunehmende Unvermögen der Gesellschaft, mit dem vielschichtigen Dilemma angemessen umzugehen. Die Stärkung des Immunsystems etwa ist eine komplexe Angelegenheit, die nicht dem Aktion-Reaktions-Schema folgt: Wer ältere Menschen zum Schutz vor einer Infektion isoliert, erreicht eventuell genau das Gegenteil. Wer Menschen verweigert, an der frischen Luft Sport zu treiben, nimmt ebenfalls ein gewisses Gesundheitsrisiko in Kauf. Ebenfalls nicht zu unterschätzen: Die Kraft der Metaphern auf die Psyche all derjenigen, die in und mit der Corona-Krise einen Alltag bestreiten müssen. Sind wir wirklich im Krieg? Gegen wen? Die Natur, zu der wir selbst gehören und deren Schieflage wir selbst mitverursacht haben? In seinem Essay in Kursbuch 203 plädiert der Psychoanalytiker für einen angemessen heterogenen Umgang mit Fragen, die keine einfache Lösung haben.
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