Was vom Adel blieb : Eine bürgerliche Betrachtung

Mit der Abschaffung seiner Standesvorrechte im Jahre 1919 verlor

der Adel die Reste des Einflusses, die ihm in Deutschland nach einem

langen und schleichenden ökonomischen Niedergang geblieben waren.

Dennoch steht gerade die Hocharistokratie auch heute noch im Rampenlicht

und füllt zuverlässig die Spalten der Klatschpresse.

Statt dem europäischen Adel nur mehr einen gewissen Unterhaltungswert

zuzubilligen, spräche manches dafür, ihn als eine Art genetisches Weltkulturerbe

zu betrachten: kostbar und bedroht. Denn aristokratische

Lebensform und höfische Etikette haben über ein Jahrtausend die

abendländischen Umgangsformen geprägt und ihre Spuren bis in unsere

Gegenwart hinterlassen.

Jens Jessen widmet sich in seinem Essay den schönen und staunenswerten

Überbleibseln einer Vormoderne, die unserer verbürgerlichten

Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten geeignet sind. In diesem Spiegel

sehen wir nicht nur, was der demokratische Fortschritt überwunden und

besiegt, sondern auch, was er verloren und der Verachtung preisgegeben

hat.

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