Untreue von Betriebsräten gegenüber Arbeitnehmern

Die Frage, ob sich Betriebsratsmitglieder wegen Untreue strafbar machen können, wenn sie Mitwirkungsrechte zu Lasten von Arbeitnehmern nicht oder unsachgemäß wahrnehmen, wird in Literatur und Rechtspraxis kaum gestellt.

Auch wenn der Versuchung widerstanden werden sollte, den allzu weiten Tatbestand der Untreue gemäß § 266 StGB in diesem Zusammenhang überzustrapazieren, so muss seine Anwendung jedenfalls da in Betracht gezogen werden, wo Zentralnormen der privatautonomen Rechtsordnung verletzt werden. Zu diesen zählt insbesondere das Korruptionsverbot.

Das Betriebsverfassungsrecht kennt Konstellationen, in denen das Einvernehmen des Arbeitgebers mit dem Betriebsrat eine geplante Realisierung arbeitnehmerschädlicher Maßnahmen zumindest erheblich erleichtert. Daher steigt u. U. die Motivation der Arbeitgeberseite, sich die Kooperationsbereitschaft des Betriebsrats zu erhalten.

Die Suche nach betriebsverfassungsrechtlichen Mechanismen zur Verhinderung treuwidriger Absprachen des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber ergibt ein widersprüchliches Bild. So verbietet das Betriebsverfassungsgesetz zwar ausdrücklich die Betriebsratskorruption, wirksame präventive oder gar sanktionierende Instrumente zur Gewährleistung der Rechtstreue von Betriebsräten sucht man jedoch vergeblich. Auch unter aktuellen Compliance-Gesichtspunkten kann ein solcher Widerspruch nur befremden.

Im Sinne einer funktionierenden betrieblichen Arbeitnehmervertretung ist es daher dringend angezeigt, zur Korruptionsvermeidung auch im Betriebsverfassungsgesetz das bewährte Prinzip der Verbindung von Macht und persönlicher Verantwortung zu etablieren. Welche geringfügigen gesetzlichen Änderungen hierzu ausreichen, zeigt die Verfasserin abschließend auf.


  1. Der Pflichtwidrigkeitsvorsatz der Untreue : Zugleich ein Beitrag zur gesetzlichen Bestimmtheit des § 266 StGB

    Lasse Dinter

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  2. Zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts : Zugleich eine Untersuchung zu funktionalen Steuerungs- und Verantwortlichkeitsstrukturen bei ökonomischem Handeln

    Marco Mansdörfer

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  3. Über den "tatsächlichen Zusammenhang" im Bankrottstrafrecht : Zugleich ein Beitrag zur Dogmatik des sog. bedingten Gefährdungsdelikts

    Alexandra Windsberger

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  4. Sanktionsbewehrte Aufsichtspflichten im internationalen Konzern : Der Normadressat des § 130 OWiG im Unternehmensverbund unter Berücksichtigung grenzüberschreitender Sachverhalte

    Andreas Minkoff

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  5. Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?

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  6. Bankrott und strafrechtliche Organhaftung : Bankmitarbeiter und die Kreditrückführung in der Krise

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  7. Churning : Das Phänomen der kapitalmarkt- und börsenrechtlichen Spesenschinderei und die Sanktionierung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht

    Manuel Lorenz

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  8. Die straflose Vorteilsnahme : Zu den Grenzen der Strafwürdigkeit in § 331 StGB - mit vergleichender Darstellung der entsprechenden Normen in Österreich und der Schweiz.

    Tobias Friedhoff

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  9. Die Genehmigung der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung

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  10. Die Akzessorietät des Wirtschaftsstrafrechts : Zugleich ein Beitrag zu Begriff und Wesen des Wirtschaftsstrafrechts

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  11. Der Verletzte im Sinne des § 172 StPO bei Vermögensdelikten zum Nachteil von Kapitalgesellschaften

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  12. Grund und Grenzen eines Marktwirtschaftsstrafrechts

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