Hat Europa Südamerika verschlungen – oder war es doch umgekehrt?
In einem als Chronik getarnten Beschwerdebrief, den Felipe Guaman Poma de Ayala um 1600 an den spanischen König schickt, zeichnet der indigene Gelehrte ein drastisches Bild: Den Berg Potosí im heutigen Bolivien, aus dem die Spanier unersättlich edle Erze abbauen, versieht er mit Darm und Anus – und er entleert sich mitten auf dem Hauptplatz von Sevilla. Vierhundert Jahre später versucht man bei den Dreharbeiten des oscarprämierten Spielfilms The Mission alles richtig zu machen. Und trotzdem rufen die indigenen Darsteller eines Tages den Streik aus: Sie begehren dasselbe Essen wie die Darsteller der Europäer. Anhand dieser und zahlreicher anderer Geschichten zeigt Karin Harrasser, dass sich die Begegnungen zwischen Eroberern und Eroberten immer bis auf die Körper ausgewirkt haben, in leibhaftigen Bildern darstellbar sind – und bis heute als ein Stoffwechsel fortwirken.
Des Teufels Leibspeise entwirft einen Kulturbegriff, der sich gegen die Reinheitsfantasien rechter Fanatiker stellt – genauso wie gegen die Vorstellung, dass kulturelle Appropriation eine Einbahnstraße ist. Und der stattdessen zeigt: Kultur ist ein Prozess des Verschlingens und Verschlungen-Werdens, der von Aneignungen und Gegenaneignungen lebt, der gewaltvoll sein kann, aber auch gewitzt gekontert worden ist.



