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Auf entlegenen Posten

Hörbuch


Auf entlegenen Posten - Das Eine ist es, ein Buch öffentlich vorzulesen, gewissermaßen am Bettrand des Publikums

sitzend. Dies ist eine nostalgische TĂ€tigkeit, bei der man aber dem Text treu bleibt und die Arbeit

des Schreibens nicht verrÀt. Das Andere ist es, ein Buch öffentlich zu erzÀhlen.

Dies ist ein suggestiver Vorgang, bei dem ĂŒber der Grundmelodie des Buches gewissermaßen

improvisiert wird, und das in einer Art Wechselspiel zwischen dem ErzÀhler und seinem Publikum.

Das freie ErzĂ€hlen versetzt den Text noch einmal zurĂŒck in den Zustand der Entstehung. Das

lĂ€sst ihn auf der BĂŒhne frischer erscheinen, und es verleiht ihm eine gewisse Wendigkeit gegenĂŒber

der Pantomime des Publikums.

Ich bin ĂŒberall auf der Welt, in Mali wie in Burkina Faso, bei den Beduinen Jordaniens oder unter

philippinischen Fischern, im Dschungel Borneos, in Afghanistan oder in Polynesien GeschichtenerzÀhlern

begegnet, meist MÀnnern, deren kulturelle Aufgabe es war, ihre Zuhörerschaft allein durch

die Vorspiegelungen in ihren Worten zu unterhalten. Die westlichen Nachfahren (und Nachfahrinnen)

dieser ErzÀhler sind am ehesten die Standup Comedians. Aber ein ErzÀhlen ohne Pointe kennen sie

nur unfreiwillig, und allein dem Sog ihrer Geschichten vertrauen sie selten.

Ich habe eine Vorliebe fĂŒr die Improvisation in der Sprache, deshalb haben sich meine BĂŒcher

oft in BĂŒhnenprogramme verwandelt, die bald ohne Rezitation des Textes auskamen.

Es war schön, mit den "Enden der Welt" ausgerechnet nach Endenich zu kommen, in die

Landschaft meiner Heimat, in der das Buch einsetzt, in die "Springmaus", die mir schon frĂŒher

ein lieber Auftrittsort gewesen war. Zum ersten Mal wird eines der freien BĂŒhnenprogramme

auf CD festgehalten. Ich bin froh, dass es dieses war, an jenem Abend.