Ich saß an meinem Schreibtisch im Präsidium, die Tasse mit dem obligatorischen, viel zu starken Kaffee in der Hand, und starrte auf die Regenstreifen, die das Fenster hinunterliefen. Hamburg im Juni – das bedeutete grauer Himmel, ein beständiges Nieseln und die Gewissheit, dass der Sommer hier oben an der Elbe immer ein wenig melancholisch blieb. Ich hatte mir angewöhnt, die Wetterlage als Spiegel meiner Stimmung zu sehen. Heute war beides trüb.
Mein Name ist Uwe Jörgensen, Kriminalhauptkommissar beim BKA, und seit über zwanzig Jahren jage ich Verbrecher in dieser Stadt. Manchmal frage ich mich, ob ich nicht selbst langsam ein Teil des Miefs geworden bin, der sich wie ein Nebel über den Hafen legt. Aber dann kommt ein neuer Fall, und ich weiß wieder, warum ich das hier mache.
Es war kurz nach sieben Uhr morgens, als Roy Müller, mein Kollege und Freund, in mein Büro trat. Roy ist ein Mann, der mit seinem kantigen Gesicht und den stahlgrauen Augen immer aussieht, als hätte er gerade einen Banküberfall vereitelt. Tatsächlich ist er der ruhigere von uns beiden – was nicht heißt, dass er nicht auch mal explodieren kann, wenn ihm jemand dumm kommt.