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Leo&Ludwig : Eine Biografie des Unvorstellbaren

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Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kommt eine mittellose junge Frau aus der Uckermark nach Berlin und findet eine Stelle im "Nussbaum", einer Destille, wo der Karikaturist Heinrich Zille verkehrt und das "Milljöh" beobachtet. Die junge Frau lĂ€sst sich mit dem Sohn eines Industriellen ein, wird schwanger und bringt siamesische Zwillinge zur Welt. Zwillinge, die ebenso gegensĂ€tzlich sind wie das damalige Berlin, dieses qualmende Ungeheuer zwischen Fortschritt und RĂŒckstĂ€ndigkeit, zwischen Licht und Schatten.

Da die Mutter nach der Geburt stirbt und den Namen des Vaters mit ins Grab nimmt, kommen die Knaben ins stĂ€dtische Waisenhaus. Dort macht der Anstaltsarzt eine verwirrende Entdeckung: Obwohl siamesische und somit eineiige Zwillinge, hat Leo dunkles Haar, Ludwig dagegen blonde Locken. Doch nach und nach wird klar, dass die Ă€ußeren Unterschiede nur das Innere der BrĂŒder widerspiegeln. Leo ist kalt, dominant und an Technik interessiert, wĂ€hrend sich sein Bruder Ludwig zu einem sensiblen TrĂ€umer entwickelt, der die Natur liebt. Mit Hilfe des berĂŒhmten Professor Rudolf Virchow, auch Experte fĂŒr deformierte Skelette, fehlende Glieder und andere Missgeschicke der Natur, gelangen die BrĂŒder in die Obhut

eines Psychiaters. Er nimmt sie in seine verwunschene Villa auf und erkundet die AbgrĂŒnde dieser ungleichen Seelen, die in einem Körper gefangen sind. Leo und Ludwig besuchen die UniversitĂ€t und wachsen zu attraktiven jungen MĂ€nnern heran, die ihren Platz in der Gesellschaft suchen. Doch Schönheit und Anomalie liegen zu nah beieinander, und die Wirkung dieser Antipoden irritiert oder mĂŒndet in Ablehnung. Als Cynthia, eine eigenwillige Amerikanerin aus Detroit, und mit ihr Liebe und Begehren in das Leben der BrĂŒder treten, bricht der Graben zwischen den beiden auf. Dennoch reisen sie mit der jungen Frau in die Neue Welt. Zur gleichen Zeit beauftragt die Gattin eines Industriellen einen Berliner Privatdetektiv, Licht in die dunkle Herkunft der Zwillinge zu bringen. Dabei stĂ¶ĂŸt er auf Heinrich Zille, der als Karikaturist ein ausgeprĂ€gtes GedĂ€chtnis fĂŒr Gesichter hat.

Der Roman erzÀhlt in einer bildhaften Sprache und nicht ohne Ironie die Geschichte von NormalitÀt und Abweichung, von der Suche nach dem eigenen Ich. Neben historischen Persönlichkeiten wie Virchow und Zille spielen mit: Fabrikanten, IrrenÀrzte, Schmalspurganoven, bucklige GÀrtner, Geister, windige Reporter, Huren und SÀufer.