In der »Zweiten Analytik« erklärt Aristoteles die Entstehung des Wissens aus der Sinneswahrnehmung und legt den Grundstein für den Auf- und Ausbau des Gebäudes der strengen analytischen Wissenschaften in der Philosophie des Abendlandes.
Die »Zweite Analytik« (»Analytica Posteriora«, entstanden im 4. Jhdt. v. Chr., gehört zu den esoterischen Schriften des Aristoteles und präsentiert seine Wissenschaftstheorie, die eine Theorie des Wissens einschließt. Untersucht wird hier die Frage, was Wissenschaft sei und wie sie möglich werde.
Von zentraler Bedeutung ist für Aristoteles die These vom Vorrang der Sinneswahrnehmung, die der Entstehung des Wissens vorausgeht: Jede Unterweisung und jedes verständige Erwerben von Wissen entsteht aus bereits vorhandener Kenntnis - aber nach klaren und ausweisbaren Regeln. Die so bestimmte Wissenschaft gliedert sich dann in zwei einander ergänzende Teile. Der eine ist die deduktive Ableitung von Aussagen aus evidenten, ohne weiteren Beweis einleuchtenden Sätzen, die bis in die heutige Zeit als Inbegriff strenger Wissenschaft gilt, der andere die Prinzipienerkenntnis, d.h. die methodisch gewonnene Einsicht in den Kanon und die Geltungskraft der ersten Sätze aller Wissenschaft. Unter einem Beweis, also einer Aussage aus Prinzipien, versteht Aristoteles eine Erkenntnis, die, ausgehend von der Wahrnehmung, Erinnerung und Erfahrung im analytischen Urteil, durch Abstraktion das Allgemeine am Besonderen ermittelt und heraushebt.
Die zweisprachige Studienausgabe bietet den deutschen Text in einer revidierten Fassung der vom Herausgeber 1993 in der Berliner Akademie-Ausgabe vorgelegten Übersetzung; der beigegebene griechische Text folgt der Edition von W. R. Ross, Oxford 1964. Die Einleitung führt in die Grundlagen der aristotelischen Wissenschaftstheorie ein, so wie sie in der »Zweiten Analytik« ausgearbeitet wird.